Mittwoch, 31. März 2010

Von Grünen Ir(r)en, Gespenstertouren und Fish'n Chips

Travel-Period 1 - zu Ende und zufrieden. Hier die gesammelten Abenteuer.

Dublin: Guiness und schlaflose Nächte
Vor zwei Wochen landete mein Flieger in der irischen Hauptstadt - ein Tag vor dem großen Nationalfeiertag St. Patrick's Day. Auf dem Rücken mein riesiger Backpacking-Rucksack, den ich mir am Abend vor dem Abflug noch schnell geliehen habe. Von einem unefähr zwei Meter großen Dänen - der Rücksack hat deswegen von den Proportionen jetzt nicht ganz so zu mir gepasst. Vom Gewicht her auch nicht. Schon Einsteigen in den Bus war ein größeres Unterfangen, bei dem andere Fahrgäste mich meist von hinten schieben mussten, um zu verhindern, dass ich rückwärts wieder aus dem Bus rausfalle.
Gleich nachdem ich angekommen bin hab ich mich erstmal mit meinem Papa getroffen - natürlich auf ein Guiness. Und am Abend sind dann meine Darlings eingetroffen: Caro (+ Erasmus-Freundin Eline) und Vici, die ich mit noch mehr Guiness in Empfang genommen habe. Am Abend sind wir nur gemütlich in eine irische Bar gegangen, wo noch Live-Musik war.

Am nächsten Morgen mussten wir aus dem Hostel auschecken. Mittlerweile war auch Nadi aus München angekommen und die Dublin-Crew war komplett. Da wir irgendwie zu spät dran waren um ein Hostel für diesen glorreichen Tag zu buchen (selbst Monate im Voraus war zu spät), waren wir schon darauf vorbereitet auf der Straße zu übernachten oder durchzumachen. Allerdings hatte Frud (aus meinem Programm, mit dem ich eigentlich die Reise geplant hatte, der aber aus mehreren Gründen doch nicht mitkommen konnte) in einem anderen Hostel einen Typen aus Dublin kennengelernt und dem geschrieben, ob wir nicht da übernachten könnten. Und obwohl die Verbindung jetzt weniger als oberflächlich war (praktisch überhaupt keine Verbindung, da Frud ja nichtmal dabei war), habe ich mit Sergio Kontakt aufgenommen und den Schlafplatz klargemacht.
Sergio war dann auch den ganzen Tag mit uns unterwegs. Mit Kleeblättern auf der Backe, ich gewickelt in eine irische Flagge und Vici mit einem grünen Hut sind wir zwischen allen Iren und Touristen gar nicht besonders aufgefallen. Von der Parade haben wir übrigens so fünf Wägen gesehen, dann haben wir uns dafür entschieden in das erste Pub zu gehen. Trinken auf der Straße war übrigens nicht erlaubt, was uns zu den ausgefeiltesten Methoden getrieben hat - zum Beispiel Cider aus dem Supermarkt (anstatt Pub-Crawl haben wir aus finanziellen Gründen erstmal Supermarket-Crawl gemacht) in Wasserflaschen zu füllen. An diversen Souvenirshops sind wir auch vorbeigekommen, wo Caro Postkarten gekauft hat. Weil ihr irgenwann auffiel, dass sie mit den Motiven nicht so zufrieden war, hat sie die Karten einfach wieder umgetauscht - irgendwo auf unserem Weg durch die Stadt, an zahlreichen unterschiedlichen Shops.
Der Abend ging zu Ende und wir zu Sergio. Vor uns lag eine der ungemütlichsten Nächte unseres Lebens. Caro und Nadi auf dem Boden neben der Heizung. Vici und ich auf einem Sofa, das nicht unbedingt die Ausmaße hatte als Schlafplatz für zwei Personen zu dienen. Da ich in Embryo-Stellung lag und Vici deswegen keinen Platz gelassen und noch dazu in ihren Nacken geatmet habe ist sie auf den Boden umgezogen. Ohne Decke. Caro und Nadi haben auch eher unruhig geschlafen - ich weiß gar nicht mehr warum, entweder es war zu heiß (unter der Daunendecke) oder die Heizung hat noch irgendwie komisch gerochen. Vici hat dann irgendwann die Decke gefordert, da ich nicht Sofa und die einzige Decke haben sollte. Ich bin dann auch auf den Boden umgezogen, weil es eh scon so kalt war (Caro und Nadi haben die Hitze abgefangen). Keine gute Idee. Sämtliche Knochen haben gelitten und selbst das Wenden war zwar notwendig, aber schmerzhaft. Mitten in der Nacht haben wir dann alle einen Lachanfall bekommen und Nadi hat ein paar Paparazzi-Fotos geschossen.

Der nächste Tag war dann eher zum Chillen. Naja, obwohl stimmt ja gar nicht - Wir haben "Penneys", den coolsten und vor allem billigsten Laden entdeckt, in dem wir alle ziemlich ausgeflippt sind undunsere Sommergarderobe eingekauft haben. Eigentlich haben wir in Irland mehr gespart als ausgegeben, wenn man bedenkt, wie viel uns diese Einkäufe zu Hause gekostet hätten.
Am Freitag haben wir das bei einem witzigen Pub-Crawl gefeiert. Respekt vor Caro und Nadi, die am nächsten Morgen eine Bustour zu den Klippen gemacht haben.

(Natürlich haben wir auch Sighseeing gemacht, aber dazu kann man nicht so viel sagen. Muss man ja selber hin. Dublin ist aber eine coole Stadt, mit einem großen Problem. Die Autos fahren auf der falschen Straßenseite, was uns mehrfach das Leben gekostet hat. Was uns aber nicht davon abgehalten hat die roten Ampeln zu ignorieren und dafür schreiend über die Straße zu rennen.)


Belfast - Gangsterstadt und Stilprobleme

Einen langen Aufenhalt hatten wir dort nicht, aber uns hat es supergut gefallen. Vielleicht weil einfach superschönes Wetter war oder die Stadt mit ihren Charme wie aus einem amerikanischen Gangsterfilm aus den fünfziger Jahren einfach besonders ist. Der Kleidungsstil der Leute war auch besonders, unglaublich wie billig man sich anziehen kann, wenn man in einem Land mit Penneys lebt (Irische Frauen haben insgesamt eine Vorliebe für MEGA kurze Röcke ohne Unterwäsche und MEGA hohe Schuhe).
Lange haben wir uns an dem Anblick nicht erfreuen dürfen, unser Flieger ging nach nur einer Nacht. Leider gibt es in Belfast zwei Flughafen. Und leider habe ich nicht so genau auf den Bording Pass geschaut. Für mich war es irgendwie klar, dass der Flug von Irland nach Glasgow vom Internationalen Flughafen geht. Wir also im Bus dahin. Mal wieder Glück im Unglück: Da wir durch unsere Eltern darauf gepolt sind ungefähr zwanzig Stunden zu früh am Flughafen zu sein, für alle Fälle, (danke an dieser Stelle dafür) hatten wir noch genug Zeit an den anderen Flughafen zu fahren. Wir hatten nicht mal wirklich Zeitdruck. Allerdings einen kleinen Streit, weil der Schuldige für dieses Missgeschick gefunden werden musste. (Aber nur kurz, bis wir einen Mega-Lachanfall bekommen haben. Wegen Vicis grünem Hut, dem Überrest vom St.Patrick's Day, den sie als Running Gag die ganze Zeit auf ihren Koffer rumtransportiert hat und der die ganze Zeit im Weg war.)

In Glasgow haben sind wir ein bisschen durch die Stadt geschlendert und haben dann den Abend im Hostel gegammelt, wo wir Kontakt mit dem englischen Fernsehprogramm aufgenommen haben (wirklich sehr seltsam). War aber nur ein Zwischenstop bis nach Edinburgh.

Im strahlenden Sonnenschein haben wir die Stadt, beherrscht von Gespenstergeschichten und einem unverständlichen schottischen Dialekt (warum sprechen hier alle wie osteuropäische Einwanderer?), erkundet. Hoch zum Burg, die mitten in der Stadt auf einem Berg steht. Nachdem die unfreundliche Kassiererin uns erst nicht reinlassen wollte (Sie so: "We close in one hour an fifteen minutes. We recommend our visitors to spend two hours in the castle!" - Wir so "They only have some war exhibitions and the crown jewels there?" Sie so: "Yes, it is REALLY appropriate to spend TWO HOURS there!" Wir so (schulterzucken): "We can do that fast.."), hat sie uns mit bösem herablassenden Blick (sorry, dass wir unser Interesse in die Nationalgarde jetzt nicht übergroß ist) eine russische und eine französische Broschüre über die Museen gegeben, weil alle anderen vergriffen waren.

Touren haben wir auch einige gemacht.

TOP:
Dreistündige Free Walking Tour bei Alan, der wie ein mittelalterlicher Pirat aussah und uns alles Wissenswertes und Kurioses über die Stadt erzählt hat.

MITTEL:
"Edinburg Dungeon" oder so ähnlich. Eine Tour über mehr kuriose schottische, mittelalterliche Kannibalen/Folter/Hexen-Geschichten mit richtig guten Schauspielern.

FLOP:
Die "City of the Living Dead"-Tour. Vici und mir war einfach schrecklich kalt und der Tourguide (in schwarzem Ledermantel, mit schwarzem Plastikzahn und verschwörerisch flüsternder Stimme und ach so geheimnisvoller Gestik) hat uns durch den Nieselregen und in den Untergrund geführt. Absoluter Höhepunkt: als die Kerze ausgeblasen wurde und ein Typ uns im Dunkeln erschrecken sollte. Ach nein, absoluter Höhepunkt war die Plastikratte in der Ecke, die uns wahrscheinlich auch erschrecken sollte.

Tatiana, Vicis Studi-Freundin stieß am nächsten Tag zu uns, püntlich zum Pub-Crawl. Nachdem wir Haggis probiert haben, das typischste schottische Essen. Unser Tourguide Alan hat uns das schmackhaft gemacht:
Man stelle sich vor, man nimmt das Filet, das schöne Muskelfleisch und alle anderen netten Teile eines Schafes und verkauft sie an die Reichen. Dann nimmt man die weniger schönen Teile und das zähere Fleisch, daswas man normalerweise als Suppenfleisch verwendet und verkauft sie an die Armen. Und dann nimmt man alles was übrig bleibt- die Innereien - und mixt sie mit Getriedeflocken und presst das alles zurück in den Schafsmagen. Dann schneidet man es in Scheiben und isst es mit Kartoffelpürree.
Naja, aber wenigstens weiß man was drin ist? Kann man sich bei nem Wienerle ja nicht so sicher sein...
Hat gar nicht so schlecht geschmeckt, wie Blutwurst nen bisschen.

Highlands - Giftshops und schottische Folklore
Um acht gings los. Auf dem der Bustour in die Highlands und zu Loch Ness. So der Plan. Wir ziemlich fertig vom Pub Crawl am Tag zu vor. Unseren Busfahrer im traditionellen Kilt hat das nicht gestört und angefangen alles mögliche durch die Lautsprecher zu erzählen, im breitesten schottischen Akzent. Er hat damit einfach nicht aufgehört, als ob er für jedes einzelne Wort bezahlt werden würde. Viel Wissenswertes über Schottland und die Landschaft. Und wenn ihm nichts mehr eingefallen ist, hat er einfach das eben Gesagte mehrmals (!!!) wortwörtlich wiederholt. Und wenn ihm dann nichts mehr eingefallen ist, hat er schottische Folklore für einige Minuten eingelegt. Dann wieder schottischer Dialekt. Es war wie Pest oder Cholera.
Um zehn erster Giftshop und Kaffee (Wir durften aus dem Bus, nachdem er uns zehnmal erzählt hat, dass wir pünktlich zurücksein müssen, sonst sehen wir den Bus nur noch von hinten. Vor allem die Spanier. Die haben ja ein Problem mit der Pünktlichkeit. Die Engländer können aber ruhig da bleiben, die will eh keiner dabei haben. Aber pünktlich kommen, sonst sehen wir den Bus nur noch...)
Dann wieder abwechselnd Folklore und Wissenswertes. Um elf regt sich meine Blase. Fotostopp. Dann, mitten auf den Serpentinen in den Highlands: zwei Autos haben nicht auf die enge Straße gepasst, eins musste dran glauben und ist den Berg runter. Die Straße gesperrt, die Rettungsarbeiten würden mindestens zwei Stunden dauern. Unser Fahrer im Kilt checkt die Lage und entscheidet umzukehren - kein Problem, 45 Minuten Umweg, wir würden Loch Ness auf jeden Fall noch sehen. Es schien aber für einen Moment, als ob es ihm die Sprache verschlagen hätte. Zu früh gefreut. Nach kurze Stille hat er uns neben viel Wissenwertes noch an jedem seiner Gedankengänge teilnehmen lassen (we now go back to this street where we came from... okay... and then we go to blablabla, it is nice and then to Loch blablabla and I have to check how long I am allowed to drive, I'm only allowed to drive ten hours, so I have to check that, we will have lunch and then I will check it...). Meine Blase wird voller und voller. Aus 45 Minuten Umweg werden zwei. Ich diskutiere mit den zwei Medizinstudenten mit welchen gesundheitlichen Konsequenzen ich rechnen muss, wenn wir noch länger fahren. Schließlich geh ich vor zum Busfahrer und frag ihn wie lange die 45 Minuten noch andauern werden, um herauszufinden, dass es im Bus hinten ein Klo gibt.
Fünf Minuten später machen wir Mittagspause - in einem Shop der aussieht, wie der in dem wir Kaffeepause gemacht haben.
Das Ende der Geschichte: Loch Ness haben wir nicht gesehen. Sonst wären wir über die erlaubten zehn Stunden Fahrzeit gekommen. Dafür noch einen weiteren Souvenirshop. Und wir waren eine Stunde früher wieder zurück in Edinburgh, wo wir nach zehn Stunden im Bus noch eine acht stündige Nachtfahrt im Bus nach London vor uns hatten. Am Busbahnhof haben wir uns die Zeit damit vertrieben um als singende Straßenmusiker Geld zu verdienen. Allerdings hat niemand was in Vicis grünen St. Patrick's Day-Hut geworfen.


London - Hostelhorror und Fish n' Chips

Sonnenaufgang in London! Ankunft im London Eye Hostel und erster Schock. 15 Quadratmeter und 15 Betten - Dreier-Stockbetten machen's möglich. Kein Licht, da Betten davor Standen. Wo 15 Koffer ihren Platz finden sollten war uns auch nicht klar. Und nicht einmal billig. Aber was soll's, wir wollten eh nur schlafen in dem Zimmer. Da konnten wir noch lachen.

Unsere nächsten drei Tage bestanden einfach nur aus laufen, laufen, laufen. Alle Sehenswürdigkeiten, an der Themse entlang, vorbei am Chocolate Festival und Bücherflohmarkt, im Sonnenschein oder in etwas Nieselregen (endlich! sehr authentisch), über die Tower Bridge, durch Soho, durch den Hyde Park, an der St. John's Cathedral vorbei, über die Haupt-Shoppingsstraße (mit Zwischenstopp im Primark), nach Camden auf die Alternativmärkte und in ein kleines Kaffee zum 3 o'clock-tea, ...

Dabei hatten wir uns als Ziel gesetzt einmal Fish and Chips zu essen. Leichter gesagt als getan. Der erste Versuch scheiterte, weil die Bars entweder voll, zu teuer, zu ungemütlich, irisch oder italienisch waren. Haben uns aus lauter Hunger nur was auf die Hand geholt. Zweiter Versuch. Wir sitzen schon in diesem urgemütlichem original englischen Pub, in dem laut Aussteller vor der Tür das Nationalgericht auf der Karte stand. Leider waren die Chips aus. Wir könnten doch Kartoffelpürree dazu haben. No, thank you very very much.
In der nächsten Bar (Eeewigkeiten entfernt) gab es dann die kulinarische Erlösung. In einer riesigen Portion.

Ach ja: unsere Hostelerfahrungen waren ja noch nicht zu Ende. Nachdem wir nach der ersten Nacht gesplittet wurde und Tatjana und ich in ein anderes Zimmer mussten, hatte Vici einige Probleme ein Bett zu finden. In ihrem lag nämlich schon jemand seelenruig schlafend. Sie ist dann runter zur Rezeption - zu dem GRÖßTEN DEPPEN den man sch unter der Sonne nur vorstellen kann (ein bulliger Schwarzer mit Bierbauch und Diamantenohring und Häkelmütze). Er hat sie erstmal angemacht, dass wir nur zwei Betten gebucht hätten, sei so im System drinnen. Dann hat er ihr ein anderes zugewiesen mit dem bissigen Kommentar "Are you happy now?".
Nächste Nacht: wir gehen zur Rezeption und fragen nach, ob Vici wieder im gleichen Zimmer im gleichen Bett ist, nur so sicherheitshalber. "Listen. I told you. Listen. It's the same bed. I told you." Außerdem hat er uns erzählt, dass wir ihm noch 17 Euro schulden. Nach einer ewigen Diskussion haben wir das Gespräch auf nächsten Morgen vertagt, den Tag unserer Abreise. Nächster Morgen: Wir wollten Vici aufwecken, aber sie war nicht in ihrem Bett. Sie musste nämlich mitten in der Nacht ohne ein Wort der Entschuldigung das Zimmer wechseln. Des RIESEN DEPPENS Kommentar diesmal: "Listen. You don't get your money back. That happens all the time. Welcome to the hostel world." Vici und ich wären ihm beinahe an die Hals gesprungen und haben ihm mit schlechten Kritiken gedroht. Als Rache hat er mir dann das Pfund Kaution für meinen Schließfach-Schlüssel in Ein-Pence-Münzen ausgezahlt (weil kein anderes Kleingeld mehr).
Also Leute: Meidet das London Eye Hostel!

Recherche-Exkursionen - Energie-Oma und Drogenbosse
Meine Recherche-Tätigkeit zum Thema Energiearmut hat sich als Herausforderung herausgestellt, weil kein Mensch der in Armut lebt so unbedingt darüber reden möchte. Nach gefühlten hundert Telefonaten mit NGO, Departments for Energy und Poverty und Rentnern und Heizsystemen wurde mir dann ein Kontakt vermittelt, von einer Rentnerin aus dem Süden von London, die ihre Stromrechnung kaum mehr bezahlen kann und bei der es heißt "Heat or Eat". Mit der habe ich ein Interview gehabt, zum Glück. Auch wenn ich vermute, dass sie einfach die Aufmerksamkeit sehr genossen hat und der Welt kundtun wollte, dass Energiekonzerne wieder nationalisiert werden sollten (nachdem ich herausgefunden habe, dass sie für eine sozialistische Zeitung gearbeitet hat, war ich darüber auch nicht mehr verwundert).

Mein zweiter Artikel über das Problemviertel Brixton als Low Carbon Zones hat mir dann nicht weniger Probleme bereitet. Kommentar meiner britischen Freundin Kirsty als ich ihr erzählt habe, dass ich dort hinfahre: "Please, don't get shot!". No Problemo. Der nächste Tag war dann einer der schwärzesten: Türen wurden mir vor der Nase zugeschlagen, Leute wollten entweder reden, aber nicht gefilmt werden oder ihren Namen nennen. Oder sie wollten überhaupt nicht reden. Oder sie wollten reden und konnten kein Englisch. Eine irischer Mann wollte reden und hat dann auch gar nicht mehr aufgehört. Allerdings weiß ich nur mehr über seine Katzen und dass U2 seine Lieblingsband ist, als über die Wohnanlage, in der er wohnt. Eine Frau hat mich auf den nächsten Tag herbestellt und dann versetzt. Mein Filmmaterial ist also ziemlich arm. Aber daran kann ich jetzt auch nichts mehr ändern.

Werde alle anderen Interviews von hier aus führen müssen. Hatte heute schon eins. Morgen wir ein Interview-Marathon- hoffentlich. Leider kommt dann das Osterwochenende. Aber hat bis jetzt immer irgendwie geklappt :)!

Hin und her gerissen zwischen Hysterie und Optimismus bleibt mir für den Moment nichts anderes zu tun, als euch zu gratulieren, dass ihr bis zum Schluss durchgelesen habt und gute Nacht zu wünschen!

P.S.: Eindrücke in Farbe auf Facebook!

Dienstag, 9. März 2010

Aarhus = Travelling Home Base

Unglaublich lange bin ich jetzt schon in Aarhus und bis jetzt das Fazit:

- Relativ wenig Uni, was mich ehrlich ein bisschen gestört hat. Ich brauche einfach einen Anreiz um morgens aufzustehen und dann produktiv zu sein. Außerdem fällt einem sonst ja die Decke auf den Kopf hier in diesem Winterwetter. Meine Taktik, die ich später dann mit einem exklusiven Klub (Heather and Kirsty) verfolgt habe: einfach in die Uni gehen, um im Computerraum irgendwas zu recherchieren (oder auf Facebook aka dem Teufel Zeit zu verschwenden). Was natürlich nur ein Vorwand war. Gleichzeitig konnte man dann nämlich die hübschen dänischen Studenten beobachten. Besonders nett in der Mittagspause, wenn sich alle in der Cafeteria angestellt haben und wir mit unseren Laptops da saßen und "Eye Candy" (wie Kirsty und Heather es nennen) gestalkt haben. Geht natürlich auch in einem Café in der Innenstadt. Oder in dem Fitnessstudio, in dem ich mich zum exzessiven Zeitvertreib angemeldet habe.

- Relativ viele neue Leute in letzter Zeit. Auch wenn wir am Anfang total viel mit unserer Gruppe hier gemacht haben und ein bisschen isoliert waren, langsam weitet sich der Kreis der Leute hier aus. Ob die Dänen von der Freitagsbar an unserer Uni, die anderen international students aus der TV and photography class oder von der anderen Uni - mit allen bin ich irgendwann zufällig in Kontakt geraten.

- Relativ intensive Kurztrips und weitere Reisevorbereitungen.

Malmö/Lund/Ystad
Letztes Wochenende haben Heather und ich Hampus, einen Schweden den wir aus Utrecht kennen, besucht. Von Kopenhagen ist Malmö nur vierzig Minuten entfernt und so haben wir uns auf den relativ kurzen Weg gemacht. Alles in allem: der Trip hat sich gelohnt:)!
Am Donnerstag sind wir nach zig mal Umsteigen in Malmö angekommen und haben erstmal festgestellt, dass wir kein Geld in der passenden Währung haben und unsere Handys nicht funktionieren (na toll, diese superbilligen dänischen SIM-Cards). Zum Glück hat uns ein netter schwedischer Kioskbesitzer weitergeholfen, so dass uns Hampus dann schließlich abholen konnte und in seine 15qm Wohnung bringen konnte.
Die 15qm gehörten ihm erst seit dem Tag zuvor wieder, weil seine Schwester während seiner Zeit in Utrecht sein Apartment belagert hatte. Die Relikte aus dieser Zeit waren unübersehbar: wir haben unsere Zelte zwischen 20kg Schmuck, silbernen Gummistiefeln, einem Berg aus Handtaschen, einem Meer aus Kerzen und Hampus' zwei Müllsäcken voll Kleidung aufgeschlagen. Der erste Abend war dann sehr chillig, wir haben alte Erinnerungen aus der gemeinsamen Erasmus Zeit bei Wein und Burritos ausgegraben.
Den Tag darauf haben wir ibei frühlingshaften Temperaturen in Malmö verbracht. Dabei habe ich feststellen müssen, dass sich das Vorurteil von den schönen Schweden, vor allem von den schönen Schwedinnen (ja, von wegen selbst die Verkäuferin bei McDonalds sieht aus wie ein Victoria Secret Modell) nicht bestätigen lässt. Naja. Nur so am Rande.
Der Plan war den Hafen anzuschauen, aber leider haben wir die Zeit außer Acht gelassen und haben das auf den nächsten Tag verschoben. Wir mussten nämlich noch Bier und schweidischen Punsch einkaufen, was sich als nicht so ganz easy herausgestellt hat. Alkohol kann man nämlich nur in einem bestimmten Laden einkaufen, der auch nicht so lange aufhat - Samstags nur bis um zwei, was präzise Planung erfordert.
Anschließend sind wir dann nach Lund gefahren, die Haupt-Studenten-Stadt. Dort hat Johannes, auch Teil der K-Strat-Family, für uns Studenten Guest Cards organisiert, mit denen wir auf eine der Nations Parties gehen konnten. Jeder Student in Lund ist Mitglied einer dieser 14 Nations, die man am ehesten mit Bruderschaften vergleichen könnte - allerdings ohne alle negativen Assoziationen. Übrigens hat sich wenigstens ein Vorurteil bestätigt: nämlich dass die Schweden keinen Alkohol stehen lassen und feiern können... war ein sehr gelungener Abend! Vor allem Hampus hat aber am nächsten Morgen gelitten und mehrmals wiederholt, wie sehr er sein Leben hasst und er bitte sterben möchte, weil er so verkatert war. In diesem glorreichen Zustand sind wir dann abends zu Hampus nach Hause gefahren, wo uns die sechsköpfige Familie plus drei Hund in einem renovierten Farmhaus - oder besser Landvilla - empfangen und zum Abendessen eingeladen hat. Haben gleich Schlafgelegenheiten und einen Platz für den Sommer in den zum Anwesen gehörenden Ferienwohnungen angeboten bekommen. Später gings noch zum Hampus ältestem Jugendfreund - einem angehenden Jungregisseur im Kreise seiner Filmfreunde. Sonntag eine Überlandfahrt nach Lund bei Tageslicht - zurück nach Malmö und ein gemütlicher Filmeabend. Am Montag haben wir noch den Hafen in Malmö angeschaut, wo uns ein frazösischer Sturm beinahe ins Meer gepustet hätte (wir haben dann schnell entschieden, dass ein Blick genügt, nachdem Heather ihr Touri-Foto vor der schäumenden Gischt hatte).

Samso
Morgen gehts nach Samso: einem CO2 neutralen, super energiesparende Insel mit 4000 Einwohnern, die ihren Biodiesel selber aus Heu produzieren und entweder damit fahren oder ihn auch trinken können. Zusammen mit der TV Class übernachten wir dort zweimal und schreiben einen Artikel. Die Vorbereitung gestern hat sich sehr beschränkt, nachdem gestern wunderbarstes Wetter war und wir uns mit ein paar Leuten und zwei Bierkästen in die Sonne gesetzt haben.
Man muss sich ja ein bisschen kennenlernen (also die TV Class) bevor man zusammen in ein Hostel fährt, wo außer uns niemand sein wird.Einen Supermarkt gibt es übrigens nicht mehr, der ist abgebrannt. Sonst gibt es glaube ich auch nichts Nennenswertes dort. Mal schauen, was wir da so treiben werden. Heather will im Meer schwimmen gehen, das gerade noch sehr Titanicmäßig aussieht.

Ireland/Scotland/UK
Nächsten Mittwoch startet dann auch schon die erste Travel Period. Zwei Wochen lang werde ich mit Frud, einem Kommolitonen aus dem Europe in the World Programm rumreisen und dann zwei Artikel schreiben. Mittwoch geht's los nach Irland, wo am Donnerstag dann St. Patrick's Day - der irische Nationalfeiertag- stattfinded. Meinem Gefühl nach wird sich die halbe Welt dort versammeln: Carölchen und Nadi aus München plus Erasmus-Freunde von Caro, Vici, einige Amerikaner/Australier, die ich hier in Aarhus getroffen habe, ... und und und... nicht zu vergessen mein Dad :)! Grünes Guiness, grüne Schminke und irische Flaggen - wir kommen! Wir haben sogar einen Platz zum Schlafen, was vor einer Woche noch gar nicht danach aussah, da jedes Hostel überbucht war. Nun steht die Couch bei einem Mexikaner, der mit Frud mal zwei Tage in einem Hostel war, für uns bereit und wir können so lange bleiben, wie wir wollen.
Neben Dublin wollen wir noch Gallway und Belfast anschauen, dann der Flug nach Glasgow, Zug nach Edinburgh, Zug nach Liverpool, Zug nach London.
Natürlich sind wir für einen höheren Zweck unterwegs, wir müssen nämlich einen Artikel über (erneuerbare) Energie schreiben. Ich habe mir als Thema Energy Poverty ausgesucht (= Energie Armut = wenn mehr als 10 Prozent für die Stromrechnung draufgeht, oder man sogar die Rechnung gar nicht mehr bezahlen kann und die Heizung im Winter kalt bleibt). Mal schauen, ob dieses Thema von meinen Teachern genehmigt wird und ob ich eine frierende Person finden kann.

Das sind jetzt erstmal die Hauptevents in nächster Zeit. Ansonsten geht's mir gut und ich lebe, auch wenn ich mich selten melde (SORRY!).
Ach ja, noch etwas: ich habe mein Handy unglücklicherweise in Weißwein gebadet, was es nicht überlebt hat. Im türkischen Bazar habe ich mir aber schon ein Steinzeit-Unkaputtbar-Nokia erstanden, das mich seither mit seinem Froschgequake-Ringtone erfreut. Schickt mir doch bitte per E-Mail (lisa.kretschmer@gmx.net) oder im Facebook eure Nummer, meine Telefonbuch ist nämlich gähnend leer.

Mehr fällt mir grad nicht ein. Ich melde mich nach Samso - wenn ich nicht zwischen Windturbinen und Heuschobern total umweltfreundlich aus Langeweile gestorben bin.
Adieu und gute Nacht!