Dienstag, 15. Dezember 2009

Prettige Festdagen

Die erste Weihnachtszeit weit weg von zu Hause. Hier die Eindrücke der letzten dreieinhalb Wochen zwischen Kerzen, Keksen und internationalen Weihnachtstraditionen.
Meiner Meinung nach haben wir Deutschen es aber am besten drauf Weihnachten und Advent zu feiern: habe meinen Weihnachtsmarkt, Glühwein, Plätzchen, Adventskalender und und und ganz schön vermisst. Aber dafür viel Neues erleben können. Auch nicht schlecht.

1. Sinterklaas

Was uns der Nikolaustag ist, ist für die Niederländer Sinterklaas. Hat hier aber einen viel höheren Stellenwert, so kommt es mir zumindest vor. Die Story: Sinterklaas kommt mit einem Dampfschiff von Spanien nach Holland und bringt seinen schwarzen Sklaven „Black Pete“ mit. Seit einiger Zeit ist Black Pete aber nicht mehr so beliebt, da nicht so ganz politisch korrekt. Die schwarze Hautfarbe wird jetzt damit erklärt, dass er den Schornstein runtergerutscht ist. Ah jaaa, natürlich.
Da ich das Glück habe mit einer Niederländerin, Elke, befreundet zu sein, habe ich das Fest ganz original miterleben können. Am fünften Dezember sind wir zu ihr nach Hause gefahren und haben mit ihrer Familie und ihren Nachbarn gegessen (nicht besonders traditionell, aber wir sind so nett mit italienischen Antipasti und Gerichten verwöhnt worden). Sinterklaas hat mir sogar ein kleines Geschenk gebracht (eigentlich war es Sinter-Pia, Elkes Mama): ein Geduldspiel aus Holz (genau das richtige für mich supergeduldige Person), bei dem man einen Würfel zusammenbauen muss. Weil wir hier sind, „to build up something“. Ein schöner Gedanke und eine so schöne Geste. Und dazu habe ich noch das wahrscheinlich Typischste für Sinterklaas bekommen: Eine Schokoladentafel, die wie ein Buchstabe geformt ist. Ein „A“ wegen LisA (das L war wahrscheinlich ausverkauft) und ein „M“ für Mappy (ja, ich konnte die Leute hier noch nicht vom Gegenteil überzeugen, habe meinen Spitznamen immer noch). Und dazu Pepernoten, kleine Spekulatius-Böbbele.

Die Woche darauf haben wir Sinterklaas hier in Kanaalstraat gefeiert – also beziehungsweise haben wir gewichtelt. Die Tradition besagt, dass man ein kleines neckisches Gedicht über die Person, die man beschenkt schreiben muss. War sehr gemütlich und zum ersten Mal dieses Jahr kam richtige Weihnachtsstimmung auf.

2. Christmas Dinner

Von den International Dinners hab ich ja schon erzählt. Letzten Samstag haben wir das Ganze noch gesteigert. Die Küche war weihnachtlich geschmückt: Weihnachtsbaum, Mistel Toe, Zuckerstangen, Weihnachtskugeln, Weihnachtsmusik. Jeder hat dann etwas Typisches aus seinem Land mitgebracht – wir hatten so viel zu essen. Schwedische Köttbullar (nicht von IKEA) und Glög (Weihnachtspunsch mit Mandeln und Rosinen), Quiche Lorraine, Foie Gras und Onion Pie aus Frankreich, amerikanische Hot Dogs, italienisches Panna Cotta, deutsche Schnitzel (mein Beitrag), chinesische Chicken Wings und Jasmin Tee, spanische Tapas und Tortillas, griechischer Bauernsalat, niederländische Oliebollen (Krapfen), britischer gemischter Salat, polnischer Kartoffelbrei, finnisches Blätterteiggebäck und russischer Wodka. Letzterer ist mir etwas zum Verhängnis geworden ;)! Um zwei haben wir beschlossen wegzugehen. Ein kleines Problem war, dass mein Fahrrad gestohlen wurde am Samstag (das ist eine andere Geschichte eigentlich. Entweder hat es ein Junkie mitgenommen oder die Polizei hat es entfernt, weil ich es falsch geparkt habe… ich muss in diesem Fall noch etwas investigieren – habe schon drei Telefonnummern angerufen und zwei Fahrrad-Parkplätze aufgesucht…).
Auf jeden Fall musste ich dann auf dem Fahrradträger mitgenommen werden (ging besser als erwartet, ich habe nicht mal geschrien). Vor dem Club hat sich die Schlange keinen Zentimeter fort bewegt. War sowieso besser, dass wir uns auf den Weg zu einem anderen Club gemacht haben, nachdem sich meine Freundin Andrea glorreich mitten auf der Straße über ihr Fahrrad gelegt hat – während sie es geschoben hat – und damit die Aufmerksamkeit auf uns gezogen hat.
Ihre Fahrradkette ist dabei gebrochen, leider. Auf dem Weg zum nächsten Club hat sich der Russe Marat als Stunman versucht – mit dem Bike, das er vorher von Hampus gemopst hat… dabei hat er vergessen, dass er ein verletztes Bein hat (ein kleines Relikt von seinem Zusammenstoß mit einem Auto ein paar Wochen zuvor). Dann standen wir in der zweiten Schlange. Leider hat dem Türsteher irgendetwas an Johannes und Hampus missfallen (wahrscheinlich war er etwas eingeschüchtert, weil beide einen Kopf größer sind als er) und wir mussten gehen. In den dritten Club sind wir dann reingekommen, überraschenderweise – war auch nicht schon halb vier.
Der Heimweg war dann auch witzig, weil Hampus und Johannes auf die Melodie von „Do they know ist christmas time“ die ganze Zeit „Let them know it’s pizza time“ gesungen haben und jeden Bauzaun bestiegen haben - auf dem Weg zur wohl einzigen Dönerbude, in der man auch um halb sechs noch Pizza bekommen kann. (Als ich Hampus am nächsten Tag davon berichtet habe, ist er vor Lachen beinahe gestorben, weil er sich nicht mehr daran erinnern konnte ). Danach hatten wir noch eine After-Party in Hampus‘ Zimmer als krönender Abschluss für das besinnliche Weihnachten mit der Kanaalstraat-Family.

3. Plätzchen backen und Santa Lucia
Am Sonntag bin ich dann schon trotz der langen Nacht früh aufgewacht und hab mich der Küche erbarmt. War irgendwie ein guter Start in den Tag: strahlendes Wetter draußen und ich wirbel in der Küche rum, tanze zu Beatles-Songs und bereite alles für mein großes Projekt vor. Natürlich kann keine Adventszeit ohne Plätzchen backen vorübergehen. VanilleKipferl und Ausstecherle waren geplant. Im Vorfeld hat sich das ganze unterfangen als etwas kompliziert herausgestellt, da die Niederländer keine Backzutaten verkaufen (gemahlene Mandeln habe ich im letzten türkischen Shop bekommen), sondern nur Backmischungen. Kuvertüre gab‘s zum Beispiel überhaupt nicht.
Musste da schon improvisieren. Mein Improvisationstalent wurde noch mehr gefordert, da wir natürlich keine Küchenwaage. Ooops. Also stand ich in der Küche und habe mit Kennerblick und Pokerface Mehl, Zucker und Butter zusammengeknetet. Drei Stunden später hatten wir ungefähr 500 Plätzchen mit Schoko, Puderzucker und bunten Perlen verziert und ich sah aus als ob ich in einen Mehlsack gefallen wäre.
Aber alles in allem ein großer Erfolg, vor allem die Vanille-Kipferl. Mjami.
Das Highlight war dann aber der Auftritt unsere Schweden-Crew, die Santa Lucia feiern. Die Legende besagt irgendwie, dass die Heilige Santa Lucia am dunkelsten Tag des Jahres Kerzen anzünden. Eigentlich ist sie Italienerin, weiß auch nicht so genau, warum die Schweden das feiern. Auf jeden Fall sind alle sechs in weißen Gewändern singend durch den Flur gewandelt, mit spitzen weißen Hüten und goldenen Sternen in der Hand, Santa Lucia hatte eine Lichterkrone und brennende Kerzen. Der Knaller war, dass sie nach den ersten drei traditionellen schwedischen Liedern noch einen Mamma Mia von Abba performt haben. Danach haben sie noch Kerzen angezündet, die wir in den Händen gehalten haben (ich hätte beinahe die Tradition ruiniert und meine Kerze schon vorher angezündet. Woher sollte ich auch wissen, dass das Santa Lucia für mich übernehmen würde).

4. Weihnachtswunder

Ja, das waren so die Weihnachtsrituale bis jetzt (ich habe mal die Feier um den finnischen Unabhängigkeitstag und alle weiteren Erlebnisse ausgelassen). Aber da gab’s auch die kleinen und feinen Momente. Zum Beispiel als vor anderthalb Wochen für vier Stunden der Strom ausgefallen ist. Ich bin nach Hause gekommen und 20 Leute saßen bei Kerzenschein in der Küche: keiner konnte lernen, keiner konnte seine Zeit bei facebook verschwenden, keiner wollte in seinem Zimmer bleiben. Irgendwie hatte es unglückerweise (oder glücklicherweise?) nur ein paar Hauser in der Straße getroffen, so auch unseres, die Straßenlaternen haben noch ein bisschen Licht gegeben. Der Zauber hat angehalten bis der Strom wieder zurückgekehrt ist – das mit dem Licht aus und Kerzen an haben wir aber zum Teil bis heute beibehalten.
Letzten Freitag hat mich noch eine Situation total bewegt. Wir sitzen in der Küche, hören Musik und reden bis spät in die Nacht – nichts Besonderes.
Plötzlich hören wir die ersten Töne von Lemon Tree und ein Russe, ein Spanier, ein Grieche, eine Holländerin und eine Deutsche fangen gleichzeitig an zu singen – jedes Wort, alle Strophen. Schwer zu beschreiben, aber das ist so bezeichnend für das Leben als International Student. Wir kommen aus allen Teilen der Welt und uns verbindet doch so viel.

Eigentlich bleibt dem heute nicht mehr so viel hinzuzufügen. Wir feiern heute noch einmal richtig gscheit, weil viele Leute die Woche schon heim fahren und Heather und ich nach Weihnachten nicht mehr zurückkommen. Ist sozusagen unsere Farewell-Party.
Von der Uni aus hatten wir heute eine Talkshow (ich musste kurzfristig für Heather als Studiogast einspringen – total ungestylt und ohne Plan) und morgen haben wir noch einen Umtrunk mit den Teachers und ein Abendessen.

Versuche die Woche noch nach Amsterdam und Den Haag zu gehen, um tschüss zu sagen.
Das ist der Plan. Berichte dann von der Umsetzung.
Wünsche euch einen schönen Endspurt im Vorweihnachtsstress – werde mich nun für die White Christmas Party in weiße Schale werfen.

1 Kommentar:

  1. ach man lischen, jetz bin ich auch ganz gerührt.

    wie schön.

    Freue mich schon sooo doll auf uns. :)

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